»Kommunikation und Navigation« Kommunikationsprozesse im Bienenvolk sind sehr faszinierend, auch wenn man bedenkt, dass sich diese im Dunklen eines Bienenstockes – im Stockdunkeln – abspielen. Für seine Arbeiten über Honigbienen, unter anderem der Entdeckung der Bienensprache, wurde Karl von Frisch 1973 mit einem Nobelpreis ausgezeichnet. Das Modell der Futterplatzrekrutierung ist allerdings noch weitaus komplexer als bisher angenommen. Ausgangspunkt des Vorganges ist die Entdeckung einer Futterquelle durch eine der Kundschafterinnen. Diese bringt zunächst den gesammelten Nektar in den Bienenstock. Anschließend wiederholt sie ihre Sammelflüge mehrmals, bis sie den schnellsten Weg gefunden hat. Erst dann beginnt sie die Aufführung eines Tanzes im Stock, um weitere Flugbienen für das Sammeln zu rekrutieren. Karl von Frisch beobachtete hierbei zwei unterschiedliche Tanzmuster, die zwei Kategorien zugeordnet werden konnten. Trachtquellen, die im näheren Umfeld (ca. 50 bis 70 m Radius um den Bienenstock) liegen, führen zu einem Rundtanz, welcher nur Informationen über die Art des Futters für die Rekruten bereithält. Ausfliegende Sammelbienen können die Quelle durch Suchflüge selbstständig relativ schnell finden. Bei Trachtquellen, die in einem größeren Flugradius liegen, der einige Kilometer betragen kann, wäre ein identisches Vorgehen sehr zeitintensiv und somit uneffektiv. Deshalb verfügen Bienen über eine weitere Tanzfigur, den Schwänzeltanz. Bisher wurde angenommen, dass die Schwänzeltanz-Figur alle Informationen enthält, die rekrutierte Bienen benötigen, um die entsprechende Trachtquelle selbstständig aufzufinden. Die erforderlichen Informationen wären demnach die Richtung, die in Abhängigkeit zur Sonne angegeben wird, die Entfernung und die Art der Futterquelle. Diese übermittelt die heimkehrende Sammelbiene, indem sie den Winkel zwischen Sonne und Trachtquelle auf der senkrechten Wabe in den entsprechenden Winkel zwischen Schwerkraftachse und Schwänzelgeraden überträgt. Die Dauer der Schwänzelphase lässt auf die Entfernung des Ziels schließen. „Im Gegensatz dazu steht das neue Bild als Synthese aus jahrzehntelangem Arbeiten einer Vielzahl von Forschergruppen und dem Aufgreifen alter, bisher mit wenigen Ausnahmen nicht vertieft verfolgter Beobachtungen (…): Der Tanz ist danach der Einstieg in eine Kette an Wegweisungen, die den Rekruten helfen, im Feld schneller auf die zielführenden Signale und Reize zu treffen, als sie es mit beliebigem Suchen in beliebige Richtungen schaffen würden.“ (Tautz 2015, 69) Ergänzend fliegt die erfahrene Sammelbiene, die auch den Tanz im Stock aufgeführt hat, zwischen Trachtquelle und Bienenstock hin und her. Außerdem führt sie sogenannte Brauseflüge im Zielgebiet durch und beduftet es zusätzlich. Auf dem Weg zwischen Stock und Ziel, welches auch durch Blütendüfte lockt, bildet sich allmählich eine Art Bienenflug- Autobahn aus, die für Neulinge richtungsweisend sein kann. Quellen: LEHNHERR, Matthias, THOMAS Hans-Ulrich (2014): Geschichte der europäischen Bienenhaltung und -forschung. In: LEHNHERR, Matthias, SPRECHER, Eva, THOMAS, Hans-Ulrich: Das schweizerische Bienenbuch. Band 5: Natur- und Kulturgeschichte der Honigbiene. Appenzell: VDRB. TAUTZ, Jürgen (2015): Die Erforschung der Bienenwelt – Neue Daten - neues Wissen. Stuttgart. STACH, Silke, DIETEMANN, Vincent, LEHRER, Miriam (2014): Lernen, Kommunikation und Navigation. In: BLUMER, Pascale, DIETEMANN, Vincent, DUVOISIN, Nicole, FLURI, Peter, HERRMANN, Miriam, LEHNHERR, Berchtold, LEHRER, Miriam, STACH, Silke: Das schweizerische Bienenbuch. Band 2: Biologie der Honigbiene. Appenzell: VDRB. BIENEFELD, Kaspar (2005): Imkern Schritt für Schritt. Stuttgart. TAUTZ, Jürgen (2007): Phänomen Honigbiene. München. TAUTZ, Jürgen (2007): Der Bien – Superorganismus Honigbiene (Audio-CD). Köln.
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